29. Juni - 9. Juli Heimreise
Blick von der Burg auf Falaise
Ja, nun beginnt unsere Heimreise. Wir haben noch 12 Tage Zeit.
29./30. Juni Falaise
Heute ist ein Hitzetag, 30 Grad. Gegen 11 Uhr steigen wir zur Burg Wilhelm des Eroberers, 1027 bis 1087, hoch. Hier wurde er als Kind von einer Geliebten seines Vaters geboren, darum Bastard genannt. In dieser Burg war er am liebsten. Oh wie schön kühl ist das in den dicken Mauern und spannend dazu. Einzelne Figuren sind an die Wand projiziert und erzählen, wer sie sind, was sie getan, erreicht und gewollt haben. So sind sie viel interessanter und bleiben besserer in Erinnerung.
Natürlich war die Burgruine auch halb zerstört. Die fehlenden Teile wurden sehr kunstvoll mit Beton, Stahl, Glas und Tuch ersetzt. Wir steigen elend viele hohe Treppen auf den Turm und natürlich auch wieder hinunter. Das war die beste Burgführung, die wir schon erlebt haben.
Die Hitze knallt auf die Stadt. Dem Schatten nach schleichen wir in die Kühle einer Kirche und essen dann im Le Cochon du Lait einen feinen frischen Salat. Der Ober ist phänomenal, konzentriert, schnell, effizient und dazu kann er noch lachen. Ich bewundere ihn. Anschliessend wollen wir das Memorial besuchen. Leider ist es geschlossen.
Wir schlecken eine Glace, halten unsere Nase noch in eine zweite Kirche und gehen dann zum kühlen Platz zurück. Wäsche muss auch wieder einmal sein, sie trocknet im Hui. Zum Nachtessen gibt es feine Grillade. Wir montieren unsere Markise, lassen einen Teil hängen und haben so viel Luft in der heissen Nacht.
Wieder ein Hitzetag, 35 Grad. Den Morgen verbringen wir um den Bänz herum. Am Nachmittag besuchen wir das Memorial "Le Quotidien des Civils". Gelitten haben ja nicht nur die jungen Soldaten, sondern auch die Bevölkerung. Eindrücklich wird die Schreckensherrschaft der Nazis dargestellt. Sie plünderten das Land. Wer nicht spurte, wurde erschossen. Marechal Petain war im 1. Weltkrieg ein verdienter General, aber mit über 80 Jahren wurde er ein Kollaborateur der Nazis und Präsident der Vichy-Regierung. Er meinte, man müsse mit der Zeit und den Gegebenheiten gehen. Er liess sogar eine Hymne auf ihn komponieren und singen, aber die Marseillaise blieb. Sofort fingen die Nazis an, Juden, Kommunisten und die Leute der Résistance zu verfolgen und deportieren. Von 67'000 kamen nur 2'000 zurück. Viele jüdische Kinder wurden in Heimen, Klöstern versteckt. Am Schluss schauten wir einen immersiven Film, wie sich die Bombardements anfühlten. Es war laut donnernd und alles zitterte, das machte Gänsehaut und sehr betroffen. Ich denke an das Dilemma: Ohne Bomben keine Befreiung, aber für die Menschen waren sie die Hölle. Bomben machen ganz viel kaputt, aber regen totalen Widerstand an.
Nach dem Memorial gehen wir nochmals ins Cochon de Lait für ein Bier zum Verdauen. Siehe da, der Ober kennt uns noch und erzählt, dass dies sein letzter Arbeitstag sein, dann sei er Retraité.
2. Juli Lisieux
Während meines Studiums habe ich alle Schriften von Thérèse von Lisieux gelesen. Darum wollte ich die grosse Basilika sehen. Thérèse Martin wurde 1873 als jüngste von 9 Kindern geboren in eine sehr fromme Familie. Sie wollte schon mit 15 Jahren ins Karmeliterinnenkloster, bestürmte damit sogar den Papst und setzte ihren Willen durch. Sie führte ein sehr demütiges und asketisches Leben und beschrieb ihren «kleinen Weg der Liebe». Mit nur 24 Jahren starb sie an Tuberkulose. Früher staunte ich über sie, aber heute kommt mir ihre Persönlichkeit etwas wahnhaft vor. Fünf Mädchen im Karmel, dem strengsten Orden, der Vater wahnsinnig, da färbte wohl etwas ab. Die Basilika, fertig 1954, hat für 4'000 Leute Platz, die Bilder sind alle Mosaike, ein richtiger Kult. Ob sie das gewollt hätte?
Nach dem Besuch kommen wir in ein starkes Gewitter, der Himmel hat sein Schleusen geöffnet. Wir fahren weiter über Land nach Giverny. Dort wollen wir Haus und Garten von Claude Monet ansehen. Vom Parkplatz aus machen wir einen Abendspaziergang. Es ist alles ruhig und wunderschön.
3. Juli Giverny
Wir stellen den Wecker auf 7 Uhr, damit wir bei Eröffnung um 9:30 sofort in den Garten stürmen können. Aber eben, schon um 8:30 Uhr stehen fünf grosse Busse auf dem Parkplatz. Beim individuellen Eingang hat es eine Schlange von etwa 20 Personen. Als wir im Garten sind, werden wir auf schmalen Wegen nur geschoben oder gestreift. Die Freude am Lustwandeln sinkt sofort auf null. Wir bewundern die Blumen um den Seerosenteich mit der berühmten Brücke. Fürs Wohnhaus müssten wir in eine Schlange von mindestens 50 m stehen - ausgeschlossen. Wir kaufen einige blaue Servietten und gehen dann zum Ausgang.
Dort frage ich: „Wann hat es weniger Leute.“ Die Antwort: „Heute hat es niemand.“ Die junge Frau erklärt mir: „Manchmal stehen die Leute in einer Schlange von 100 m.“ Heute sehe ich tatsächlich niemanden mehr. Ich bin perplex. Wir gehen zum Apero, um das schale Gefühl zu vertreiben. Als wir zum Parkplatz zurückkommen hat es 17 grosse Busse, 2 kleine und 24 Camper, also gegen 1'000 Leute im Garten!
In unserem WoMo Reiseführer von Jürgen Engel habe ich folgenden Abschnitt gefunden: „Claude Monet lebte ab 1883 mit Geliebter, 8 Kindern und einem Tross von Freunden in dem gerade mal 300 Einwohner zählenden Ort, was für erhebliche Aufregung gesorgt haben dürfte. Bis zu seinem Tode hat er hier gelebt, gemalt und dafür gesorgt, dass durch den Besuch berühmter Zeitgenossen, wie Édouard Manet, Camille Pissarro oder Pierre-Auguste Renoir, das Dörfchen in Künstlerkreisen einen bedeutenden Stellenwert hatte. Es ist etwa mit dem zu vergleichen, den das immer noch kleine Örtchen in Touristenkreisen hat.“
Wir fahren Richtung Troyes, vorbei an Paris und mitten durch Versailles. Oft stehen wir im Stau, aber ich erhasche einen kurzen Blick des Eiffelturms. In der Nähe von Troyes installieren wir uns im Club du Soleil, ein wunderschöner Platz direkt an der Seine. Wir geniessen Sonne und Wärme und ich schreibe den Reisebericht von der Heimreise. Wir erfrischen uns im Pool und in der Seine. Hier, vor Paris, ist sie noch sauber und sehr erfrischend. Allerdings ist sie seit den Olympischen Spielen auch in Paris wieder «bebadbar».
5. - 6. Juli Luxeuil-les-Bains
Die Besitzerin unseres Käseladens Pain et Fromage kommt aus Luxeuil-les-Bains. Wir haben ihr schon länger einen Besuch versprochen.
So toll: Die ganze Reise wünschte ich mir einen französischen Flohmarkt, vide grenier = Estrich-Leerete. Da ist einer direkt vor unserem Stellplatz.
Stephanie zeigt uns Luxeuil. In der Kirche ist gerade Gottesdienst. Wir streifen durch die Gassen. Als es zu regnen beginnt, sehen wir einen offenen Kleiderladen. Hans kommt ungern mit hinein, aber wer kommt mit neuen Hosen heraus? Die Stadt ist auch ein Kurort. Es gibt zwei heisse Quellen. Hier werden nur Frauen therapiert, mit Gelenkproblemen oder bei Kinderlosigkeit.
Leider ist Bruno krank, aber Stephanie zaubert ein feines Mittagessen hin, mit feinem Wein. Dann spielen wir Billard und haben grossen Spass. Ich spiele zum ersten Mal, Bruno ist ein guter Lehrer, so versenke ich auch einige Kugeln.
Nach neun Stunden Französisch sprechen sind wir ziemlich müde. Im Bänz lesen und sprechen wir nicht mehr.
7. - 9. Juli Camping Les Sapins in Gérardmer
Unsere letzte Station auf der Normandie Reise. Die Stadt ist ein Touristenort an einem See in den Vogesen. Das Wetter ist kalt und nass und lädt uns ein, den Reisebericht zu beenden. Also kaufen wir grosszügig ein und verkriechen uns an die Wärme zur Arbeit.
Morgen, 9. Juli, fahren wir heim. Wir nehmen viel Geschichte, Kultur und Meeresrauschen mit. Es war schön unterwegs zu sein und so viel zu lernen. Danke fürs Mitreisen und die Feedbacks.