Civita Alta oberhalb Bagnioregio
Capalbio bis Napoli 11. - 23. Mai
Wieder auf dem Festland sind wir mitten in Kultur und interessanten Zielen. Hier einige unserer Highlights:
Giardino dei Tarocchi von Niki de Saint Phalle 11.Mai

Il Giardino dei Tarocchi
Von 1978-2002 schuf Niki de Saint Phalle die grössten Werke ihrer Karriere. In einem Garten gestaltete sie die Figuren des Tarots, voller Fantasie, Kreativität und Sinnlichkeit. Die Königin, Empress, hat uns besonderen Eindruck gemacht. Sie thront fast über allem, farbig, verspiegelt und sinnlich. Sie ist begehbar und in einer von ihren grossen Brüsten ist eine verspiegelte Küchenzeile und in der anderen das Schlafzimmer. Das mögen ja abstruse Ideen sein, aber es ist auch grad Muttertag und da kommen mir Verbindungen zum Nährenden und Lebendigen auf, auch eine sehr kreative Verarbeitung ihres Missbrauchsthemas. Auf dem Herzplatz im Innern ist ein grosser Tisch für geselliges Zusammensein.
Justitia ist auch eine grosse Frau und ihre Waagschalen sind ihre Brüste. Unten drin ist eine Installationvon Jean Tinguley, ihrem Lebenspartner, die klappert, ächzt und stöhnt – die Mühlen der Gerechtigkeit.
Unter der Sonne kann man durchgehen, sieht aus wie ein überdimensionierter Hahn.
Wir sind ganz erfüllt von der Farbenpracht, den vielen glänzenden Spiegeln, die in der Sonne gleissen und den runden üppigen Formen.
Bis jetzt haben wir ja nicht zu klagen gehabt. Wir haben fast jeden Tag etwas Sonne und die Temperaturen sind angenehm bis kühl. Das ändert sich jetzt. Gerade als wir uns aufmachen, um in den warmen Schwefelquellen Saturnia zu baden, bricht ein Gewitter los, es kühlt stark ab und die Wetterprognosen sind weiterhin kalt und nass. So beschliessen wir einen guten Camping aufzusuchen und dort den zweiten Teil des Reiseberichts zu schreiben. Wir richten uns in Bolsena ein.
Bagnoregio 15. Mai
Auf Empfehlung meines Bruders fahren wir nach Bagnoregio. Nach einem Marktbesuch wandern wir zur Civita Alta. Dahin kommt man nur zu Fuss, über eine hohe Brücke, die über die Schlucht führt und wenn man 5 Euro bezahlt hat. Bald finden wir auch Il Pozzo dei Desideri, ein Restaurant in einem Keller unten mit fünf Tischen. Es war einmal eine Zisterne im Ort. Wir essen und trinken sehr fein und günstig. So gestärkt erkunden wir das kleine Städtchen. Die Aussicht in und vom Poetengarten ist prächtig.
Orvieto 16. Mai
Gerne möchte ich Hans Orvieto zeigen. Da war ich schon vor 45 Jahren während des Studiums. In lebhafter Erinnerung ist mir die Fassade des Doms geblieben. Orvieto ist der meistbesuchte Ort in Umbrien, darum war ja nicht klar, ob wir den Dom auch anschauen können. Es regnet und ist kalt, am Mittag nur 14 Grad. Oh Wunder, wir kaufen Billette für 5 Euro ohne anzustehen und können direkt in den Dom, kaum zu glauben. Der Raum beeindruckt. Zwar haben wir keine Ahnung, wer wann diese Bilder gemalt hat, aber die Geschichten, die sie erzählen unterhalten uns sehr. Die Strickart ist auch einfach: die Guten werden erhöht, ihnen wird von Engeln geholfen, die Bösen trifft der Blitz vom Himmel, sie werden verstossen und gefoltert von teuflischen Wesen. Nur, wer sagt was gut und böse ist? Und wie sagt das Christus? - das erst ist die schwierige Situation.
Montecassino 17. Mai
Nach Orvieto fährt Hans noch 200 km Richtung Napoli. Erst in Ceprano kann er auch die Fotos hochladen für den zweiten Teil des Reiseberichts. Direkt hinter ihm spielt am Fernseher Inter Mailand gegen AC Mailand, wahrlich eine Konzentrationsübung. Dann schrauben wir uns 500 Höhenmeter den Berg hoch zum Kloster Montecassino, dem Gründerkloster des Benediktinerordens 529. Es wurde mehrfach zerstört, zum letzten Mal 1944. In 10 Jahren wurde es originalgetreu wieder aufgebaut. Wir fahren die Serpentinen hoch in immer dichteren Nebel. Schade um die schöne Aussicht. Auf dem Parkplatz geht gerade ein Starkregen nieder, also essen wir zuerst Zmittag im Wigwam. Wir besuchen die Anlage, diesmal ist sie gratis und fast menschenleer.
Dann fahren wir zum polnischen Friedhof. Eine Gruppe Pfadis schmückt die über 1000 Gräber mit rotweissen Bändern. Im kleinen Museum erhalten wir die Geschichte des 2. polnischen Korps auf italienisch. Zum Glück verstehe ich dazwischen einige Brocken und kann ganz verständnisvoll dreinblicken. Dieses Corps bestand aus polnischen Strafgefangenen in Russland, die dann zum Kampf eingezogen wurden. Sie machten einen langen Weg und kämpften bei Montecassino gegen die Nazis. Am 18. Mai 1944 wurde klar, dass die Alliierten gegen die Nazis siegen würden, darum wurde das ein polnischer Gedenktag.
Ein Blick auf die Wetterprognosen zeigt uns am Meer Sonne. Also nix wie dahin. Bei Mondragone finden wir einen Platz direkt am Meer, erste Reihe. Das muss man geniessen und vom herunter gekommenen Platz absehen. Schöne Föteli vom Sonnenuntergang.
Ercolano 18. - 23. Mai

Golf von Neapel
Die nächsten sechs Tage stehen wir auf dem Agricamping Stone Vesuvio in Ercolano. Von dort aus erkunden wir mit den ÖV den Vesuvio, Ercolano, Napoli und Pompeji.
Vesuv 19. Mai
Weil gerade ganz schönes Wetter ist, packen wir die Gelegenheit und fahren mit einem Bus zum Parkplatz 280 Hm unter dem Kraterrand. Fahrt und Aussicht sind spektakulär, die Strasse eng und kurvenreich, es sind ja auch 1000 Hm zu überwinden und dazu hat es andere Cars und grosse Autos, Milimeterarbeit zum Kreuzen. Auf dem Parkplatz ist der Bär los, Cars und Autos in grosser Menge, viele herumstehende Touris und Marktstände, die einem unbedingt ein hellblaues Leibchen mit Nummer 10, Maradona, verkaufen wollen – also Chaos pur.
Wir wandern in unserem Tempo die 280 Höhenmeter an den Kraterrand, wie Schweizer das tun, mit Wanderschuhen und dem Bergschritt. Auf dem Rand verteilen sich die Leute und wir können gut fötelen. Der Vulkan ist
ein schlafender Riese, der Grund der Caldera 200 m tief. Dort sieht er fast schon lieblich und arglos aus. An zwei bis drei Orten dampft er etwas, aber sonst? Wenn man bedenkt, dass er vor dem grossen Ausbruch von 79 nC 3000 m hoch war. Am Mittag sind wir wieder beim Wigwam.
Nach der ausgedehnten Siesta gehen wir zu den Ausgrabungen von Ercolano. Dies war die Sommerresidenz der reichen Römer von Pompei und Neapel. Hier hat es nicht so viele Leute. Wir gehen durch die Ruinen und erhalten langsam ein Bild von der Wirkung des Vulkanausbruchs. Hin und wieder entdecken wir ein schönes Mosaik oder ein gemaltes Bild. Einige Fragen bleiben offen. Es war ein reicher Tag und wir sind müde.
Am Samstag, 20. Mai regnet es. Dann machen wir uns auf zum Museo Archeologico Virtuale. Also mit den vielen Ruinen und alten Steinen können wir uns gar nichts vom Leben der Römer vorstellen. Mit Virtual Reality wird uns ein gutes Bild davon gezeichnet. Nachdem die Schulklassen abgezogen sind, sind wir allein im Museum und nehmen uns ausgiebig Zeit.
Napoli 21. Mai
Am Morgen bringt uns der total versprayte Zug nach Napoli Stazione Zentrale Garibaldi und katapultiert uns direttissima in einen Schockzustand. Die vielen Leute, der Lärm, alles versprayt und überall Abfall ! Wir schieben uns mit der Menge dem Corso Umberto entlang und zweigen bei der Via Duomo ab. Mitten in die Menge fahren immer wieder Töffs und hupen, wenn sie nicht weiter kommen. Bei Napoli Sotterrana kaufen wir ein Billett für die englische Führung um 15:15 Uhr.
Bis dann schieben wir uns mit der Menge zum Dom, aber da ist gerade Gottesdienst. Dann finden wir die Gasse der Krippen, da ist ist das Gedränge und Gestosse am grössten. Wir suchen die einsameren Gassen und kommen zum Platz von Santa Giulia di San Domenico. Dort essen wir auf einer Terrasse mit Aussicht auf den Platz sehr fein.
Bei San Lorenzo steigen wir mit der Führung 10 Meter in den Untergrund und kommen an eine römische Ladenstrasse. Es gab ganz verschiedene Läden: Eine Bank, Fischgeschäft, Färber-, Lebensmittelläden. Die Führung ist sehr spannend.
Napoli ist sowieso im Ausnahmezustand. Sie wurden im Mai Meister der Championsleague. Die Bilder sprechen für sich. Entgegen der Millionen Darstellungen von Gott in den Kirchen sind die heutigen Götter die
Als wir aus dem Untergrund kommen haben wir genug. Hans möchte heim zum Wigwam. Neapel ist für uns ein brodelnder Hexenkessel, ein lauter Moloch und ein lebender Abfallhaufen. Sicher birgt die Stadt Schönheiten, Geheimnisse und Wunder, die sich uns nicht erschlossen haben. Kurz bevor das Fussballspiel Napoli gegen Inter Mailand anfängt sind wir zurück. Wir kommen ziemlich ausgelaugt in die Stille des Wigwams. Um 20 Uhr hat Napoli gewonnen und wir hören Feuerwerk und lautes Gehupe.
Pompei 23. Mai
Schon vor Öffnungszeit sind wir in Pompei und buchen eine Führung auf englisch. Emanuela macht das sehr gut, witzig, lehrreich und spannend. Wichtige Dinge wiederholt sie, dass wir mit unserem Verständnis nachkommen. Ganz viele unserer Fragen werden beantwortet.
1. Wir haben uns gefragt, warum die Ziegel diagonal aufgebaut sind. Die Römer wussten eben schon, wie man erdbebensicher baut.
2. Am Eingang haben wir eine Therme angeschaut. Da war uns schon einiges klar.
3. Neu war die Verbindung zum Lupanare = Freudenhaus, die ist allerdings wissenschaftlich nicht gesichert laut unserem Reiseführer. Eine tolle Geschichte ist es allemal. Ein Mann zahlt eine Münze und wählt Stellung, Ort und Prostituierte. Nach der Sauna geht er in den oberen Stock zu der Liege wo sein Wunsch angeboten wird, gibt die Münze ab und voilà wird seine Lust gestillt. Prostituierte waren Griechinnen oder Orientalinnen. Der Penis an der Säule weist auf ein Lupanare hin.
4. Die Strassen sind aus Vulkangestein, gross klobig mit Rillen auf beiden Seiten. Da fuhren die Sklaven mit den Wagen. Fussgängerstreifen waren für die Reichen erhöht, übrigens nix für Highheels. Dazwischen sind kleine weisse Steine eingebaut: die Strassenbeleuchtung in der Nacht.
5. Brunnen gibt es einige. Alle haben links eine Vertiefung weil alle dort die Hand hinhielten um sich abzustützen beim Trinken.
6. Die Häuser der Reichen haben alle einen ähnlichen Aufbau. Die Besucher wurden mit HAVE begrüsst. Man kam ins Atrium, einem rechteckigen Raum mit einer Wanne in der Mitte. Dort wurde das Regenwasser gesammelt und weiter verteilt. Rund ums Atrium waren die Schlafräume, klein, dunkel und oft sehr schön bemalt. Hinter dem Haus waren auch Gärten, je nach Vermögen. Sklaven und die Armen wohnten oft in Dachkammern.
7. Geschäfte und Läden hatten eine Rille am Eingang. Da konnten sie mit Gittern geschlossen werden. Was wir als Küchen ansahen sind auch Läden. In den Vertiefungen ist das Verkaufsgut. Man fand bei den Ausgrabungen karbonisiertes Gemüse. Krüge und Amphoren wurden gebraucht um Wein, Öl und Lebensmittel aufzubewahren.
8. Wir sehen die Bäckerei von Modesto. Da sind die Mühlen für das Mehl aus Lavasteinen und ein grosser Pizzaofen. Es wurden sogar noch Brote gefunden.
9. Wir kommen auf den Hauptplatz, das Forum. Viele Leute, viele Säulen, einige Tempel, Grossstadt eben.

Hauptplatz
10. Nach der Führung erkunden wir Pompei alleine weiter. Wir kommen zum Amphitheater und treffen auch drei „Gladiatoren“. Dort wo früher Gladiatoren und Tiere waren, ist eine Ausstellung des Konzerts von Pink Floyd 2005. Das grosse Theater wird auch heute noch genutzt, darum kann es nicht besichtigt werden. Aber auch das kleine Theater ist imposant.

11. Beim Vulkanausbruch haben die Menschen in den Häusern Zuflucht gesucht, aber weder Dach noch Tisch, noch Bett hielten dem Gewicht des Bimsstein- und Ascheregens stand. Als die Lava kam, erstickten die Leute an den giftigen Dämpfen und dem thermischen Schock.
12. Schon etwa 10 Jahre vor dem Ausbruch 79vC gab es ein grosses Erbeben bei dem viele Häuser zerstört wurden, darum zogen viele weg, die ihr Haus nicht mehr aufbauen konnten. Die die blieben wurden vom Ausbruch völlig überrascht. Die Eruptionen dauerten drei Tage. Die Lavaschicht über Pompei war 69 m dick, die von Ercolano 20 m und in Neapel betrug sie immer noch 10 m. Pompei und Ercolano waren völlig vom Erdboden verschwunden. 1748 baute der Architekt Domenico Fontana an der Trockenlegung des Sarnotales einen Schacht und fand Hausinschriften. Dies war der Anfang der Wiederentdeckung von Pompei. Bei Ercolano war es ähnlich.
Es ist ein sehr reicher interessanter, spannender, grossartiger und lehrreicher Besuch.
Nun haben wir am Golf von Neapel das gesehen wovon wir träumten und sind nun reif für die Insel – Sardinien.