am Strand von Vieste
Vom Schaft bis zum Sporn – Winterthur bis Höhe Bari, 8.-22. April 2022
Endlich ist alles geschafft: Einstiegstritt wieder montiert, Reiseführer angekommen, Kühlschrank abgestellt Wigwam gefüllt und gepackt. Jetzt geht die Reise los.
Erster Halt ist Bergamo. Nach sechs Stunden Fahrt nehmen wir noch den Aufstieg in die Altstadt unter die Füsse und werden mit schöner Aussicht in die beleuchtete Stadt belohnt. Am nächsten Tag ist der Aufstieg schweisstreibend. Mit dem Funicolare fahren wir zum Castello di San Vigilio und tauchen dort mit feinem Apero in die Italianià ein. Die Gassen sind voll und laut von Leuten, schattig, weil die Häuser so nahe beieinanderstehen, im Mittelalter gebaut. Wir sind verzaubert.
In Ravenna wollte ich Hans unbedingt die Kirche und das Baptisterium San Vitale zeigen, je ein Rundbau mit berühmten und wunderschönen Mosaiken. Es ist zwar Sonntag, aber der Mercato coperto ist offen, dort essen wir. Hans wählt eine Pizza, daran essen wir zwei Mal. Auf einem Camper Parkplatz übernachten wir für 2.25 Euro, dafür haben wir auf dem Markt feinen und teuren Peccorinokäse erstanden.
Fahrt nach San Marino, ein Staat in Italien mit einer demokratischen Verfassung, die seit dem 13. Jahrhundert gilt. Die Stadt ist schön gelegen und auffällig: Der Diesel ist 20 Cent billiger als in Italien, 1.50 Euro, und wohl auch Parfum, Schmuck, Leder und Waffen, jedenfalls gibt es eine Menge solcher Stände und Geschäfte. Für die Wehrtürme und den Dom kommen wir leider fünf Minuten zu spät. Der Stellplatz ist gratis und wunderschön gelegen.
Diese italienischen mittelalterlichen Städtchen liegen alle auf Hügeln und leuchten in die Landschaft. So auch Urbino, ein Tipp meines Bruders, eine wunderschöne Universitätsstadt voll von jungen Leuten in den alten Mauern. Wir essen Crescia sfoliata, die Spezialität. Gestärkt besuchen wir das Geburtshaus von Raffaello Santi, berühmter Maler von 1483-1520. Auf der Piazza della Résistenza versammelt sich die ganze Jugend.
Über holprige und löchrige Strassen fahren wir wieder ans Meer nach Loreto. Der riesige Dom überstrahlt alles. Mittelpunkt ist das Haus von Maria, das nach der Legende Engel von Nazareth ausgerechnet nach Loreto geflogen haben. Ein paar Touristen flüstern und ein Kapuziner ruft laut:“Silenzio!“ Damit macht er selber viel mehr Lärm. Es ist ein Wallfahrtsort mit ganz viel Kitsch rundum.
Die Reise an der Adriaküste entlang ist langsam, holprig, etwas langweilig, weil wir kaum vorwärts kommen. Viele Lichtsignale und immer 50 oder schlimmer 30. In Lesina kommen wir auf einen Stellplatz, der von Tommaso geführt wird. Er spricht gut deutsch, kam mit 14 nach Stuttgart, lernte in der Restauration und kam 1988 nach Lesina zurück. Er wollte, dass seine Kinder dort aufwachsen. Inzwischen ist sein Sohn, ein sehr guter Koch. Die Rechnung spricht für sich!
Über zwei Pässe, unendliche Olivenhaine kommen wir nach Vieste, am äussersten Punkt des Sporns. Hier wollen wir etwas bleiben zum Verarbeiten, Blog und etwas Pause. Der Campingplatz ist tags zuvor aufgegangen. Die Gärtner schneiden Gras, rechen den Platz, die Reception formiert sich noch. Hier scheinen sich die Schweizer zu versammeln. Wir lernen Rosmarie und Karl kennen, Verwandte einer Freundin, Judith und Roli, Luzerner Nachbarn. Wir steigen in die Stadt hoch. Die Burg ist für das Militär, aber die Aussicht traumhaft. Das Wetter ist freundlich, endlich können wir auch draussen essen. Schöne Ostern.
Am Ostermontag fahren wir weiter durch die Halbinsel Gargano. In Giovanni Rotondo wirkte Padre Pio, 1887-1968, ein Kapuziner mit Wundmalen, später heilig gesprochen. Wir haben ganz viele Leute erwartet, aber es war relativ ruhig und wir konnten ungestört die grossen Bauten, mit viel Gold und Mosaiken verziert betrachten. Die Architektur der Kirche, die 7500 Gläubige fasst, ist wirklich sehr einzigartig. Sie wurde von Renzo Piano geplant, der auch den Potsdamerplatz, das Centre Pompidou und die neue Autobahnbrücke in Genua (Ersatz der eingestürzten Morandibrücke) entwarf. Mit den vielen Spendengelder hat Padre Pio auch das modernste Spital in Süditalien gebaut mit 2500 Ärzten und Pflegefachfrauen. Der Wind wächst zu einem Sturm und wir sind froh, dass wir wieder in die Ebene fahren können.
Am 19. April kommen wir nach Troia, leider zur Siestazeit, alles zu und die Gassen leer. Wir halten uns an diesen südländischen Brauch und steigen um 16 Uhr wieder in die Stadt. Aber oh je, die romanische Kirche ist immer noch zu. Wir trinken einen feinen Melograno Rosé. Melograno= Granatapfel. Dann endlich können wir bei einer Chorprobe das riesige Gewölbe bestaunen.
Dann gibt es eine lange Fahrt durch Olivenhaine nach Castel del Monte. Ein rätselhaftes und sagenumwobenes Kastell auf einem Hügel. Es leuchtet weit in die Gegend. 1240 liess es Friedrich II erbauen als Festung im Wald. Nach seinem Tod hatte es eine wechselvolle Geschichte. 1876 kaufte es der italienische Staat, liess es restaurieren und seit 1996 ist es UNESCO-Welterbe und ziert seit 2003 die italienische 1 Cent-Münze. Akkustisch ist es wunderbar, leider finden wir die CD nicht.
Trani ist ein wunderschönes Städtchen am Meer. Da stehen ganz viele Carabinieri herum, parken darf man nur bis 17 Uhr, Kirche geschlossen oben wegen Bau und unten wegen ??? von Polizei verbarrikadiert. Als wir um zehn vor fünf Uhr zum Auto kommen, sind sie schon ganz nervös, klopfen und schauen ob wirklich geschlossen ist. Endlich erfahren wir auch den Grund für die Aufregung: Prinz Albert von Monaco kommt zu Besuch.
In Molfetta hätten wir einen Stellplatz am Meer, erste Reihe, aber dort können wir kein Grauwasser entsorgen und die Klo-Kassette ist auch voll. Also fahren wir wieder weg zu einer Garage mit Entsorgung und wieder zurück in die erste Reihe.
Am nächsten Morgen ist es trüb und viel kälter, der Wind bläst schon fest. Nachdem wir auch nicht zum Pulo (Karsteinsturzkrater) hinuntersteigen können, nur mit Führung am Samstagmorgen, fahren wir nach Gioia del Colle. Da gibt es auch ein Kastell von Friedrich II. Die Gassen rundherum sind so eng, dass wir mit dem Wigwam nicht mehr durchkommen. Zuerst fährt Hans rückwärts, dann muss er drehen und ein netter Mann zeigt uns, wie wir aus dem Gewühl kommen. Etwas ausserhalb der Altstadt ist das Parken für Wigwams einfacher und wir wandern zum Kastell. Besonders gefällt uns der Thronsaal mit dem Marmorthron. Muss wohl kalt gewesen sein. In Nebenräumen bestaunen wir eine Sammlung von schönem Geschirr aus dem 4.Jh vC. Wir kommen zum Stellplatz beim Hotel und da fahren auch Judith und Roli ein. Es gibt eine ganz unruhige Nacht. Es stürmt und regnet, dass das Wigwam erbebt.